von Gérard » Freitag, 01. Dez 2006 10:29
Hallo Uwe, danke für Deine interessante Frage! Wildes Campen ist auf der Réunion grundsätzlich verboten, wird aber in manchen Fällen toleriert. Es gibt in den Bergen ausgewiesene Plätze zum Zeltaufstellen, wo campen möglich ist und eine oder zwei Nächte fernab der Zivilisation in einem Zelt zu verbringen, ist durchaus toleriert.
Damit kommen wir auf das leidige Thema der Sicherheit. Die Forstbehörde ONF und die Gemeinden geben solche Verbote ja nicht zu ihrem Vergnügen heraus, sondern stützen sich auf Erfahrungen der letzten Jahre. Die Réunion weist eine galoppierende Demographie auf, die Kriminalität auf der Insel steigt gewaltig an (obwohl man dazu einschränkend sagen muss, dass sich das dépt. Réunion im nationalen Schnitt auf Platz 44 von insges. etwa 100 Départements hält, die Spitze ist Guyana und Paris). Doch drängen zehntausende und hunderttausende von Jugendlichen aus dichten Stadtrandvierteln in zivilisationsfreie Gebiete, um ihren Mietsbunkern und dem Elend dieses sozialen Rahmens entgehen zu können. In diesen Kreisen wird der ausgezeichnete Charetterhum bis zum Umfallen getrunken und mit dem überall erhältlichen, billigen Haschisch zusammen genossen. Und das ist das Hauptproblem für die Bhörden und deshalb wurden auch alle Zufahrtsforststrassen in die Berge mit Schranken versperrt, um diese "Privatfeste" im einsamen Bergwald einzudämmen.
Es gab Fälle von Überfällen von Campern und ich selbst bearbeitete als Vertreter des deutschen Konsuls 1995 an einem Mordfall einer deutschen Touristin in Cilaos.
Doch zur Ehrenrettung der Réunion darf man sagen, dass es sicher nicht gefährlicher ist, als in den Pyrenäen oder den Seealpen zu wandern, die Vorsichtsmassnahmen sind die selben!
In den Bergen und Wäldern leben, ja, das geht auch Uwe! Aber auch in der berauschenden Natur der Regenwälder der Insel sind es vor allem die sozialen Kontakte, die ALLES entscheiden! Es geht also um das Miteinanderauskommen, das Verstehen, das Sichanpassen und das alleine ist schon ein gewaltiges Unterfangen! Man kann sich dann auch wunderbar an der Natur erfreuen und muss nicht Besitzer eines Stückes Natur sein, um dort glücklich leben zu können. Also ausprobieren!
Zu den Grundstücken und Mietpreisen! Mieten sind auf der Réunion unter anderem derartig hoch, weil der Grund sehr teuer ist und auch die Baumaterialien von weit her kommen. Ein Quadratmeter Baugrund am Meer und davon z. B. einen Kilometer entfernt, ist nicht unter 1.000 Euro zu haben, in den Bergen kann man noch miese Lagen (also mit Hang, delabrierte Nachbarschaft, unmögliche Zufahrt) um die 300 Euro bekommen. Doch attention! Alle Grundstücke haben Auflagen. Für eine landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Fläche benötigt man ein Diplom einer entsprechenden Schule (2 bis 3 Jahre Ausbildung). Deutsche Zertifikate werden allgemein in Frankreich nicht anerkannt, d.h. ein deutscher Landwirt muss seinen Abschluss in Frankreich (oder Réunion) nachholen! Es verbleiben nicht bebaubare Gründe und Baugründe. Dabei ist der Verwaltungsaufwand nicht zu unterschätzen und auch die jährliche Grundsteuer, plus Gemeindeabgaben.
Doch gibt es auf der Réunion noch viele interessante Ecken, wo sich kleine Gemeinschaften auf ein verlassenes Ilet zurückgezogen haben oder auch kleine Hütten irgendwo in den Cirques bewohnen.
Eine traditionelle Anlaufstelle dafür ist Ilet à Cordes. Es gibt aber auch andere Gemeinschaften auf der Insel, kommt darauf an, was Du suchst: indische, traditionelle Kultur, Leben der kleinen Weissen, Aussteigercamps von Europäern, Rastafarikulturen, Aussteiger à la créole, Landwirtschaft oder Fischerei.
Aussteigen stellst Du Dir also mit Wohnwagen oder Zelt vor. Aber warum denn die Réunion Uwe?