Eine neue Chance für Bourbon Pointu

Kaffeeforscher auf La Réunion lassen alte Sorte wieder aufleben
Von Ulla Bettge

Montpellier - Wenn die alte Kaffeesorte Bourbon Pointu auf der Insel La Réunion - nach deren früherem Namen Ile Bourbon genannt - jetzt eine zweite Chance hat, dann verdankt sie das Tee trinkenden Japanern. Seit den siebziger Jahren kaufen die Experten aus Fernost weltweit die Grands Crus der aromatischen Bohnen auf, nicht, um sie zu genießen, sondern um damit zu verdienen. "Die halten 90 Prozent der besten Crus" schätzt Alain Gautier, Tierarzt und Kaffeeforscher auf La Réunion.

Als vor zwei Jahren eine japanische Delegation auf der Insel auftauchte und sich ausschließlich für die seit 150 Jahren verschwundene Sorte Bourbon Pointu interessierte, wurden die Kreolen schließlich hellhörig. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der Kaffee weltweit exportiert. Dann machte eine Serie verheerender Zyklone die Plantagen zunichte, und die Pflanzer stellten auf das robustere Zuckerrohr um. Bourbon Pointu geriet in Vergessenheit.

Im Garten von Gaston Roussel aus einer ehemalige Kaffeepflanzerdynastie fanden die Japaner nun noch ein paar Sträucher und bedienten sich reichlich davon mit Anzuchtmaterial wie Bohnen, Ableger, Wurzeln. "Die waren ganz begeistert und haben den Strauch geküsst." Das alles brachte die Verantwortlichen der einheimischen Kaffeerösterei Anthala und Forscher Gautier auf den Gedanken, es selbst wieder mit Bourbon Pointu zu versuchen.

Mit einer Gruppe von 30 speziell geschulten Landwirten setzte er 10 000 Stecklinge in eine Sonderbaumschule in der Inselhauptstadt St. Denis. Die Jungpflanzen werden nach Vorgaben und unter ständiger Kontrolle des internationalen Agrarforschungsinstituts Cirad mit Hauptsitz im französischen Montpellier aufgezogen. Die erste Ernte im Jahr 2000 - gerade einmal fünf Kilo - wurde von wenigen Auserwählten verkostet und in Cirad-Labors analysiert. Cheftester Jean-Jacques Perriot attestierte dem Kaffee außerordentliche Qualität. Ein wesentlicher Grund dafür ist der geringe Koffeingehalt. Koffeinarme Sorten sind die wohlschmeckendsten. Arabica Bourbon Pointu enthält nur 1,5 bis 1,8 Prozent Koffein gegenüber Robusta-Sorten mit einem Gehalt von 2,5 bis drei Prozent.

So etwas Edles wollen sich die forschenden Kaffeemacher auf La Réunion nicht aus der Hand nehmen lassen. "Die Vanille ist uns entglitten, das soll uns mit Kaffee nicht wieder passieren." Der feine Bourbon Pointu wird, wenn er denn in zwei bis vier Jahren auf den Markt kommt, auch seinen Preis haben. Die französischen Cirad-Experten rechnen mit 175 bis 250 Mark pro Kilogramm. Die Pflanzen werden unter Kontrolle des internationalen Agrar-Forschungsinstituts CIRAD aufgezogen.

Quelle: Die Welt vom 04.07.01